13. Oktober 2024 / Heikos Kulturblog

Hotel Silber, Stuttgarts düsteres Kapitel

Nicht jeder kennt das Hotel Silber in Stuttgart und dessen historische Geschichte.

Hotel Silber, Stuttgarts düsteres Kapitel

„Du sollst ins Hotel Silber kommen.“ Paul spürte, wie sich seine Eingeweide zusammenzogen, wie sich sein Magen bei der Erinnerung an diesen Ort verkrampfte …

 

Stuttgart, Juli 1945. Der Polizeibeamte Paul Kramer muss mithelfen, im berüchtigten Hotel Silber die neue Kriminalpolizei aufzubauen – genau an jenem Ort, an dem er wenige Tage vor Kriegsende noch gefoltert wurde. Doch der Hass und die Ideologie sind mit der Kapitulation nicht verschwunden. Als die ersten Verbrechen aufgeklärt werden müssen, zeigt sich schnell, wer auf welcher Seite steht – und Pauls Ermittlungen werden für ihn selbst zur Gefahr. 

Darum geht es im neuen Roman „Hotel Silber – Neue Zeit, alte Schuld“ von Kai Bliesener. Eine fiktionale Geschichte vor realen Hintergründen. Ein vielschichtiger Kriminalroman über ein bisher nicht erzähltes Kapitel Nachkriegsgeschichte. Bliesinger recherchierte zwei Jahre lang in alten Akten und Zeitungsberichten, unterstützt durch das Haus der Geschichte Baden-Württemberg, um wahre Begebenheiten in seinen Roman einzubauen, die so damals passiert sind.

Nicht jeder kennt das Hotel Silber in Stuttgart und dessen historische Geschichte. In der Dorotheenstraße 10 in Stuttgart Mitte ist es recht unscheinbar. Oft geht man daran achtlos vorbei. Das Hotel Silber wurde mehr als ein halbes Jahrhundert von der Polizei genutzt und war Zentrale der Gestapo für Württemberg und Hohenzollern während der NS-Zeit. 


Im einstigen Ort des NS-Terrors entstand als Bürgerbeteiligungsprojekt 2018 ein Ort des historisch-politischen Lernens und der Begegnung. Ausstellungen und Veranstaltungen beschäftigen sich mit Tätern und ihren Opfern, mit der Polizei und ihrer Rolle in drei politischen Systemen. Die Dauerausstellung im Hotel Silber setzt sich mit der Geschichte der Polizei in diesem Gebäude auseinander. Sie zeigt Kontinuitäten und Brüche in ihrem Umgang mit Minderheiten und in der Strafverfolgung, aber auch das Selbstverständnis der Polizisten in Demokratie und Diktatur. Warum funktionierte der Übergang von der Weimarer Republik in die NS‐Herrschaft nahezu reibungslos? Wer wurde während des Zweiten Weltkriegs aus dem Hotel Silber in besetzte Gebiete geschickt und war dort für Massenmorde verantwortlich? Welche Personengruppen blieben nach 1945 im Visier der Polizei? Originalobjekte sowie Dokumente, Bilder und Medien vermitteln ein differenziertes Bild von den Tätern und zeigen, welche Folgen ihr Handeln für die Opfer hatte.

Die Geschichte des Hauses

In einem 1816 auf dem heutigen Grundstück errichteten Wohnhaus wurde 1845 ein Gasthaus „Zum Bahnhof“ eröffnet, einige Jahre später wurde es erweitert und erhielt den Namen „Zum Bayrischen Hof“.

1874 kaufte Heinrich Silber das Gebäude und baute es zum Hotel Silber aus. 1897 kaufte Wilhelm Bubeck das Hotel und erweiterte den Bau um das angrenzende Gebäude. 1903 wurde der ADAC zunächst als Motorradfahrer-Vereinigung, dort gegründet. 1906 wurde es von Heinrich Stapff erworben und vier Jahre später an die württembergische Staatsfinanzverwaltung weiterverkauft. 1913 wurde die Fassade mit Stilelementen der Neorenaissance verziert. Von 1919 bis 1928 beherbergte das Haus die Oberpostdirektion der Deutschen Reichspost für Württemberg.

Von 1928 bis 1933 waren in dem Haus Behörden untergebracht, die dem württembergischen Innenministerium unterstanden: das Polizeipräsidium Stuttgart sowie die Landesabteilungen der Politischen Polizei. Letztere überwachte u. a. die KPD und die NSDAP.

Ab 1933 wurde es als württembergische und ab 1937 zudem als hohenzollerische Zentrale genutzt. Ab Oktober 1936 unterstand die Politische Polizei nicht mehr dem württembergischen Innenministerium, sondern wurde Teil der nationalen Gestapo.
Der Keller des Hotel Silber wurde als Gefängnis ausgebaut und bis zum 19. April 1945 genutzt. Gefangene wurden hier verwahrt, misshandelt und ermordet. Noch am 13. April 1945, wenige Tage vor der Übergabe der Stadt an die französische Armee, wurden hier vier Gefangene von der Gestapo erhängt.

Bildnachweis: Haus der Geschichte Baden-Württemberg, Kai Bliesener

 

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