13. November 2024 / Heikos Kulturblog

Achterbahnfahrt in der Cannstatter Kurve

Insgesamt war es eine turbulente Achterbahn der Gefühle aus Begeisterung und Enttäuschung, Schimpfen und Loben, Gesängen und Sprechchören.

Mein Freund Ljuba, Kroate und Schwabe, hatte eine Karte für die Cannstatter Kurve übrig. Er wollte mich seit längerem mal mitnehmen, nachdem ich ihm erzählte, dass ich noch nie bei einem VfB-Spiel im Stadion war, die Spiele aber schon mitverfolge und in meiner Jugend viel Fußball spielte. Jetzt war es soweit. Er holte mich ab und stattete mich gleich mit einem VfB-Schal aus. Ab diesem Moment war ich in einer anderen Welt und gehörte zur großen VfB-Familie. Bereits auf dem Weg zur Straßenbahn – spätestens in der Straßenbahn – waren wir von weiß-roten Familienmitgliedern umringt, die alle miteinander kommunizierten, Generationen übergreifend. Die Straßenbahn war schnell überfüllt und an den nächsten Haltestellen konnte niemand mehr zusteigen, trotzdem waren alle entspannt und positiv. Man war war ja zeitig dran. Die voll gestopfte Straßenbahn ermöglichte eine gute Kommunikation mit mehreren Personen gleichzeitig.

 

Am Stadion angelangt, gingen wir zunächst zur Sportbar „Palm Beach“. Das macht man wohl so vor dem Spiel. Gehört zur Tradition. Hier trafen wir Ljubas Freunde, die sich schon mit Getränken und Essen versorgt hatten. Nach einer Leibesvisitation und dreimaligem Karte vorzeigen, waren wir drin. Spätestens jetzt waren obligatorisch Bier und Stadionwurst fällig. Dann ging es zu unseren Plätzen in der Cannstatter Kurve, mittig leicht rechts hinterm Tor. Ich hatte Platz 10 in Reihe 42. Vor einer Woche tobten hier noch die Bengalos, diesmal gab es nur geschwenkte Fahnen und hochgehaltene Schals. Der Blick auf ein ausverkauftes Stadion mit 60.000 Gästen war beeindruckend. Es war ein gemischteres Publikum als erwartet, das sich nicht von dem des Weltweihnachtszirkuses um die Ecke unterschied. Nur eben in Weiß-Rot.

 

 

Schon bald ging das Spiel los und war spannend bis zur letzten Minute. Mir wurde das volle Programm geboten: der VfB erzielte zwei Lattentreffer, verschoß einen Elfmeter, schoß zwei nicht zählende Abseitstore und erkämpfte sich tapfer nach einem 0:3 Rückstand ein 2:3 gegen die Eintracht Frankfurt. Das 3:3 in der letzten Minute wurde leider nicht gegeben. War knapp Abseits. Ärgerlich zwar, trotzdem war man mit der Mannschaft und dem Ergebnis zufrieden. Insgesamt war es eine turbulente Achterbahn der Gefühle aus Begeisterung und Enttäuschung, Schimpfen und Loben, Gesängen und Sprechchören. Perfekte Familien-Unterhaltung.

Diskutierend ging es wieder in der überfüllten Straßenbahn nach Hause. Hier herrschte wie vor dem Spiel eine entspannte Atmosphäre. Ljuba gab ich wieder den VfB-Schal zurück. Bis zum nächsten Mal.

 

Bildnachweis: Ljubomir Kalabic, Heiko Volz

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