15. April 2025 / Aus aller Welt

Neuauflage von historischem Prozess: Weinstein vor Gericht

Die schweren Sexualvorwürfe gegen Harvey Weinstein lösten die weltweite MeToo-Bewegung aus. Ein historisches Urteil wurde im vergangenen Jahr aber kassiert. Nun wird der Prozess neu aufgerollt.

Wieder vor Gericht: Harvey Weinstein.

Zur Neuauflage seines historischen Prozesses um Sexualverbrechen ist Harvey Weinstein in einem Gericht in New York eingetroffen. Der einst mächtige Filmproduzent erschien in einem blauen Anzug und mit blauer Krawatte vor dem Gericht in Manhattan, wie auf Fotos zu sehen ist. Außerdem trug er eine Anstecknadel, die die US-Flagge zeigte.

Eine Serie von Vorwürfen gegen Harvey Weinstein um schwere sexuelle Übergriffe hatte 2017 die weltweite MeToo-Bewegung maßgeblich ins Rollen gebracht. Der historische Schuldspruch wegen Vergewaltigung und sexueller Nötigung aus dem Jahr 2020 wurde vergangenes Jahr wegen Verfahrensfehlern kassiert.

«Die einzigen Beweise gegen den Angeklagten waren die Aussagen der Klägerinnen», hieß es in der Begründung des Berufungsgerichts. Die zusätzlichen Zeuginnen hätten unrechtmäßig das Bild Weinsteins vor den Geschworenen geprägt.

Drei Hauptzeuginnen

In den ersten Tagen des Verfahrens sollen nun die Geschworenen ausgesucht werden. Danach wird in Manhattan erneut über die Vorwürfe zweier Frauen verhandelt: Der einst mächtige Filmmogul («Pulp Fiction», «Gangs of New York») soll 2006 die Produktionsassistentin Mimi Haleyi zum Oralsex gezwungen und 2013 die Schauspielerin Jessica Mann vergewaltigt haben. Doch die Anklage fügte noch einen dritten Fall hinzu: Eine weitere Frau wirft Weinstein vor, sie zu sexuellen Handlungen gezwungen zu haben.

Die Eröffnungsplädoyers sollen voraussichtlich am 22. April folgen. Das Verfahren könnte sich über fünf Wochen erstrecken. Weinstein hat stets jede Schuld zurückgewiesen. Seine Anwälte betonen, die sexuellen Kontakte seien einvernehmlich gewesen.

Initialzündung für MeToo

Die Anschuldigungen gegen Harvey Weinstein gelten als Initialzündung der weltweiten MeToo-Bewegung. Ab 2017 traten über 80 Frauen an die Öffentlichkeit und warfen dem einstigen Hollywood-Mogul vor, seine Stellung für sexuelle Übergriffe missbraucht zu haben.

Die Verurteilung 2020 zu 23 Jahren Haft wegen Vergewaltigung und sexueller Nötigung wurde weithin als gesellschaftlicher Durchbruch gefeiert – nicht zuletzt, weil die Aussagen der betroffenen Frauen trotz fehlender handfester Beweise ausreichten, um die Geschworenen zu überzeugen. Selbst die Vereinten Nationen sprachen von einem «Wendepunkt» im weltweiten Kampf gegen Gewalt an Frauen.

Die spätere Aufhebung des Urteils sorgte unter MeToo-Unterstützerinnen und -Unterstützern für Fassungslosigkeit. Doch trotz der juristischen Wende gilt der durch den Fall ausgelöste kulturelle Wandel mit Fortschritten bei der Stärkung von Frauenrechten aus Sicht von Fachleuten ungebrochen.

Freisprüche bleiben bestehen

Im neuen Verfahren dürfen einige frühere Zeugenaussagen nicht wiederholt werden, darunter die von Frauen, die nicht offiziell Teil der Anklage waren. Begriffe wie «Überlebende» oder «Gewalt» sind untersagt – Richter Curtis Farber will das Verfahren sachlicher gestalten.

Nicht neu verhandelt werden die Freisprüche aus dem ersten Prozess, darunter die schwerwiegendsten Vorwürfe wie der «raubtierhafte Angriff». Trotz des gekippten Urteils und selbst bei einem Freispruch in New York bleibt Weinstein in Haft: 2023 wurde er in Los Angeles in einem separaten Verfahren zu weiteren 16 Jahren verurteilt.

Weinsteins Gesundheitszustand gilt als schlecht. Er leidet unter Bluthochdruck, Herzproblemen, Diabetes – und zuletzt wurde Berichten zufolge auch eine Leukämie-Erkrankung bestätigt. Mehrfach wurde er aus dem Gefängnis in Krankenhäuser verlegt. Der 73-Jährige sieht das Verfahren als Weg, seinen Namen reinzuwaschen.


Bildnachweis: © Steven Hirsch/Pool New York Post/AP/dpa
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