4. Dezember 2024 / Aus aller Welt

Ermittlungen gegen Palliativarzt: Überprüfung weiterer Fälle

Palliativmediziner begleiten schwer kranke Menschen, um ihre Not zu lindern. Ein Berliner Arzt soll jedoch mindestens acht Patienten getötet haben. Noch ist unklar, wie viele Opfer es wirklich gibt.

Die Staatsanwaltschaft ermittelt weiter gegen einen Palliativmediziner. (Symbolbild)

Ein bereits inhaftierter Berliner Palliativmediziner könnte mehr Patienten getötet haben als bislang bekannt. Bisher geht die Berliner Staatsanwaltschaft von mindestens acht Opfern aus. Inzwischen werden nach dpa-Informationen mehr als 40 weitere Patientenakten überprüft. Zuvor hatte die «Bild»-Zeitung darüber berichtet. 

Die eigens für den Fall eingerichtete Ermittlungsgruppe des Morddezernats im Berliner Landeskriminalamt (LKA) hat die Fälle identifiziert, in denen es um mögliche weiterer Opfer gehen könnte. Dabei spielen auch Hinweise von anderen - etwa Pflegediensten - eine Rolle. 

Staatsanwaltschaft: Überprüfungen laufen noch 

Sebastian Büchner, Sprecher der Berliner Staatsanwaltschaft, bestätigte die Zahl zunächst nicht. Bereits vor einer Woche hieß es jedoch, dass weitere Fälle überprüft werden. «Die Sichtung der Patientenakten dauert an», sagte Büchner. «Ob und gegebenenfalls wie viele weitere mögliche Fälle es gibt, ist nach wie vor Teil der laufenden Ermittlungen.»

Die Deutsche Stiftung Patientenschutz forderte schnellstmöglich alle Patientenkontakte des Beschuldigten zu überprüfen. «Es ist dringend notwendig, dass die Ermittlungsbehörden Licht ins Dunkel bringen. Die Hinterbliebenen haben ein Recht auf lückenlose Aufklärung», erklärte Stiftungsvorstand Eugen Brysch.

Arzt seit Sommer im Gefängnis

Der Mediziner sitzt seit Anfang August in Untersuchungshaft. Ursprünglich stand der 40-Jährige im Verdacht, vier Patientinnen im Alter zwischen 72 und 94 Jahren in deren Wohnungen getötet zu haben. Inzwischen geht die Staatsanwaltschaft davon aus, dass der Arzt mindestens acht Menschen getötet habe. Sie ermittelt inzwischen wegen Mordes, wie die Behörde vergangenen Donnerstag mitteilte. Als Motiv sieht sie «Mordlust». 

Der Mediziner soll die Taten im Rahmen seiner Tätigkeit für einen Pflegedienst begangen haben. Palliativärzte begleiten schwerstkranke Menschen, um deren Schmerzen zu lindern. Die betroffenen Patienten befanden sich nach Angaben der Staatsanwaltschaft zum Tatzeitpunkt nicht in einer akuten Sterbephase. 

Bei den Beschäftigten der Pflegedienste herrsche große Erschütterung, berichtete der Vorstand des Vereins Home Care, Thomas Schindler, in einer RBB-Sondersendung. Der Verein engagiert sich für ambulante Palliativversorgung in Berlin. Der beschuldigte Arzt habe einen guten Ruf und werde als einfühlsamer Arzt beschrieben, sagte der Palliativmediziner Schindler. 

Brände bei Patienten lösen Ermittlungen aus 

Ausgelöst wurden die Ermittlungen durch die Brände, die der Mediziner gelegt haben soll, um die Tötung der Patienten zu verdecken. Die Polizei ermittelte wegen Brandstiftung mit Todesfolge. Dabei geriet zunehmend der Arzt in den Fokus. Dazu beigetragen haben laut Staatsanwaltschaft Hinweise des Pflegedienstes, für den der Beschuldigte gearbeitet hatte.

Zunächst ging es um vier Fälle im Zeitraum von 11. Juni und 24. Juli 2024. Nachdem Unterlagen von weiteren Patienten des Arztes ausgewertet sowie weitere Leichen ausgegraben und von der Gerichtsmedizin untersucht wurden, geht die Staatsanwaltschaft von weiteren vier Opfern aus. 

Demnach soll der Arzt auch für den Tod von zwei Frauen im Alter von 61 und 70 Jahren sowie von zwei 70 und 83 Jahre alten Männern verantwortlich sein. Er soll ihnen jeweils ein «Gemisch verschiedener Medikamente» verabreicht haben.

Todesfälle in Pflegeeinrichtungen 

In der Vergangenheit gab es immer wieder Todesfälle in Kliniken oder Pflegeeinrichtungen, die für Schlagzeilen sorgten. Die bislang wohl größte Mordserie der deutschen Nachkriegsgeschichte dürfte der Fall von Ex-Pfleger Niels Högel in Niedersachsen sein. Er wurde 2019 wegen 85 Morden zu lebenslanger Haft verurteilt. Das Motiv für die Taten blieb unklar.


Bildnachweis: © Fabian Sommer/dpa
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